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Condor Mayflower

Vorwort

Als ich das Condor Mayflower das erste Mal bei Gerrys Flintlock´s sah, gefiel es mir auf Anhieb. Trotzdem dauerte es aber noch ein paar Monate, bis ich endlich zuschlug. Wenn mir ein Messer über eine solch lange Zeit nicht aus dem Kopf geht, ist das ein eindeutiges Zeichen. Seitdem ist das Mayflower ein regelmäßiger Begleiter am Gürtel und begeistert mich immer wieder aufs Neue.


Über den Hersteller

Die Wurzeln von Condor Tool & Knife gehen auf die deutsche Firma Gebr. Weyersberg aus Solingen zurück und lässt sich dadurch bis mindestens 1787 zurückverfolgen. Das Unternehmen war insbesondere im 20. Jahrhundert in Südamerika tätig und verfügte dort Anfang der 1970er Jahre über ca. 30 Vertretungen. Teilweise geschah dies in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen. Es wurden aber auch Produktionstäten vor Ort geründet, so z.B. bereits 1923  eine Gesenkschmiede in Brasilien, welche später u.a. den brasilianischen Volkswagenableger belieferte. Ähnliches geschah später dann auch in Kolumbien, Ecuador, Honduras und El Salvador. IMACASA, das Projekt in El Salvador,  ist ein Unternehmen zur Herstellung von Garten- bzw. landwirtschaftlichen Werkzeugen wie Schaufeln, Äxten, Macheten etc. In den 1980er Jahren übernahmen lokale Investoren IMACASA schließlich von Weyersberg und führen das Unternehmen erfolgreich bis zum heutigen Tage weiter. IMACASA gründete schließlich 2004 „Condor Tool & Knife“, um vor allem den (Nord-) amerikanischen und europäischen Outdoor-Markt zu bedienen.  Condor arbeitet in Bezug auf die Designs mit Outdoorpezialisten zusammen und hat den Ruf, hochwertige aber praxisorientierte Messer in Handarbeit zu fertigen und vergleichsweise günstig am Markt anzubieten.


"Mayflower"

Das Design des Messers geht auf eine Zusammenarbeit zwischen dem Messermacher Charles May und dem Buschcraftprofi Joe Flowers zurück. Der Name „Mayflower“ spielt damit auf die Nachnamen der beiden Designer an. Zudem denkt man bei „Mayflower“ aber vor allem an das berühmte Schiff der „Pilgerväter“ der USA. Auf diesen, zumindest für US Amerikaner, geschichtsträchtigen Namen spielt hier sicherlich insbesondere der „Vintage“ Look der Lederscheide an. In jedem Fall passt der Name in meinen Augen zu dem Messer.


Überblick

Das Mayflower gibt es in mittlerweile zwei Versionen: Die ältere, hier vorgestellte Version besteht aus einer Klinge aus 420HC Stahl und hat Griffschalen aus Micarta. Die neuere Version von 2017 bietet 440c als Klingenstahl und Griffschalen aus Wallnussholz, welche den insgesamt ohnehin klassischen Look noch mehr unterstreichen. Mit  einer Gesamtlänge von 17,8cm, wovon 7,6cm auf die Klinge entfallen, gehört das Mayflower eher zu den kleinen Schneidgeräten. Nichtsdestotrotz handelt es sich, dank der 3mm starken Klinge mit durchgehendem Erl , um ein durchaus robust gebautes Werkzeug. Das Messer selbst wiegt knapp 90 g, inklusive der Lederscheide kommt das Ganze dann auf etwa 140 g.

 


Verarbeitung

Die Verarbeitung lässt kaum Wünsche offen, das Fit & Finish ist sehr gut. Einzig an der Messinghülse des Fangriemenlochs wurde offenbar vergessen, etwas nachzuarbeiten: Hier fanden sich noch Messingreste an der Hülse, welche sich aber mit einer Messerspitze problemlos entfernen ließen. Bedingt durch den Umstand, dass ich mein Mayflower in einem Ladengeschäft gekauft habe, konnte ich mehrere Exemplare des Messers direkt vergleichen. Hier erkennt man anhand kleiner Unterschiede, dass die Fertigung bei Condor einen hohen Anteil Handarbeit aufweist. Am auffälligsten ist dies z.B. anhand der unterschiedlichen Musterung bzw. Finish des Micartas zu erkennen. Auch die Lederscheiden weichen optisch und in Bezug auf die Passform etwas von einander ab. Möchte z.B. man einen besonders strammen oder lockeren Sitz des Messers im Holster, lohnt es sich, verschiedene Exemplare auszuprobieren. Dies gilt übrigens auch für andere Condor Modelle.


In der Praxis

Im Gegensatz zu anderen Condor Messern, die ich bereits in der Hand hatte, kam mein Mayflower ab Werk nicht besonders scharf daher, hier habe ich andere Ansprüche. Daher mussten erst einmal meine Schärfmaterialien zum Einsatz kommen.  Der verwendete 420 HC Stahl lies sich schnell auf eine rasiertaugliche Schärfe bringen und hält diese auch relativ gut. Klar, man darf bei dem Stahl keine Wunder erwarten, wer aber z.B. Buck Messer kennt, weiss, das es ein absolut alltagstauglicher Stahl ist, mit dem Vorteil, dass er sich einfach nachschleifen lässt. Im Einsatz ist die Klinge absolut tauglich- schneidfreudig und stabil. Die Handlage ist auch bei größeren Händen (Handschuhgröße 10) hervorragend. Der Daumen ruht automatisch auf dem Jimping am Klingenrücken. Dieses vermittelt eine sehr guten Grip, ist dabei aber nicht zu scharfkantig, um unangenehm zu werden: Perfekt! Darüberhinaus ist die Oberfläche der Griffschalen relativ rauh gehalten und vermittelt dadurch einen tollen Halt. Es fühlt sich fast schon wie Rochenhaut an. Ich denke, dass sich die Oberfläche mit der Zeit etwas abnutzen wird, aber dies wird sich noch zeigen. Die Lederscheide ist eine einfache Steckscheide. Der Vorteil ist hier in meinen Augen: Man kann variieren wie stramm das Messer in der Scheide sitzt. Je nach dem wie tief man das Messer in die Scheide steckt, desto strammer sitzt das Messer. Gerade wenn man das Messer recht tief in die Scheide steckt, empfiehlt sich eine Ziehhilfe in Form eines Lanyards.  Letzteres stört dank des gut platzierten Lochs im Einsatz überhaupt nicht.

 


Fazit

Je nach Version muss man 70-80 € für das Mayflower investieren. Ob nun im (Outdoor-) Hobby oder als EDC im Alltag, das Mayflower weiss in der Praxis absolut zu überzeugen. Das hier kein Highend Stahl zum Einsatz kommt ist für mich kein Problem, man hat das Messer bei Bedarf wieder schnell auf Schärfe gebracht. Die klassische und hochwertige Optik, sowohl des Messers als auch der Lederscheide, wissen in meinen Augen voll zu überzeugen. Zudem wirkt das Ganze irgendwie „freundlich“. Nicht zuletzt deshalb ist das Mayflower schnell zu einem meiner favorisierten §42a konformen EDC Messer geworden.

 

Harald

 

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